DeSchoTi
Ein Urlauber aus Schottland, eine Backpackerin aus Deutschland und ein Mönch aus Tibet sitzen zusammen und trinken Bier. Was sich nach dem Anfang eines Witzes anhört, hat sich tatsächlich so zugetragen. Gemeinsam auf den Stufen des Eingangs zum Hostel wurde ein chinesisches Bier nach dem anderen geleert und sich eine Fluppe nach der anderen angesteckt. In schläfriger Nachtruhe wurden tiefe philosophische Gespräche
über den buddhistischen Glauben, über den Sinn des Lebens und über unsere große Lebensreise geführt. Und das zusammen mit einem gleichaltrigen Mönchen, der in Tibet ziemlich aus der Reihe tanzt: Ein Künstler, der gerne Bier trinkt, Reggae hört, Gras schmökert und sich einfach nur liebend gerne dem Genuss des Augenblicks hingibt. Genau solche besondere Begegnungen machen das Reisen so kostbar und einzigartig und einfach nur unersetzlich!
Der Tee-Betrug
Nach einer Nacht, die bis in die frühen Morgenstunden anhielt, wage ich mich bei sonnig-heißen 35 Grad noch etwas vernebelt und halbschläfrig auf den Weg Richtung Verbotene Stadt. Nach fast zweieinhalb Wochen immer in wohlbehüteter Kompanie mit den zahlreichen Lektoren-Kollegen zum ersten Mal auf eigene Faust eine chinesische Stadt erkunden. Zum Abschluss habe ich darauf sogar richtig große Lust! Denn inzwischen ist mir China und die chinesische Kultur tatsächlich schon sehr vertraut geworden.
Bis zu dem Moment als ich aus der U-Bahn aussteige, nach dem richtigen Ausgang zur Verbotenen Stadt suche, mich eine Chinesin auf perfektem Englisch anspricht, ich mir dabei weiter nichts denke und erst in den kommenden 60 Minuten eines Besseren belehrt werden sollte. Die Dame und ihre Freundin stellen sich als Englisch-Lehrerinnen vor, die zusammen mit einer Gruppe für das Wochenende nach Peking gereist sind, und sich nun sehr für mich als Deutsch-Lehrerin interessieren. Aus welcher Stadt kommst du? Wo unterrichtest du? Warum in Russland? Wie gefällt es dir? Bist du verheiratet? Hast du Kinder? Definitiv zu viele Fragen für eine halbwache Person, die noch kein Frühstück und noch nicht einmal ihren ersten Kaffee intus hat und dann auch noch mit einem kleinen Hitzeschlag von der prallen Sonne neben dem Verhör zu kämpfen hat. Dazu noch hiesige Menschenmassen, die entgegen kommen, hinter mir und neben mir herlaufen. Ohne jegliche Orientierung.
Lange Rede, kurzer Sinn. Die Damen würden gerne mit mir Tee trinken, obwohl ich noch meinen Kaffee-Becher in der Hand halte. Ich denke mir nichts weiter dabei. Wir gehen in das erste kleine Teehaus. Es ist voll. Wir gehen in das zweite. Das Hinterzimmer ist noch frei. Die Klimaanlage läuft. Es gibt keine Fenster. Künstliches Licht brennt. Es riecht nach abgestandenem Rauch. Die Chinesinnen bestellen zwei Sorten Tee, die ich unbedingt probieren muss. Dazu noch Kekse. Sie reden und trinken, reden und trinken. Alles in einem immensen Tempo. Du hast so schöne Haare! Du hast solch schöne Haut! Deine Fingernägel! Immer wieder betonen sie wie schön ich doch sei. Jetzt werde ich stutzig. Ungewollt sehe ich mich in einem Horrorfilm, in welchem ich gleich in Ohnmacht falle, ich Stunden später wieder zu Bewusstsein komme, mich vor Schmerzen nicht bewegen kann, weil mir eine Niere gestohlen wurde. (Danke liebe Medien für dieses Bild in meinem Kopf!) Ich beobachte, ob die beiden aus den gleichen Kannen trinken wie ich. Meine Tasse lasse ich nicht mehr aus den Augen. Ich ärgere mich, dass ich den Damen so etwas unterstelle. Aber ein Gefühl von Unwohlsein macht sich immer mehr in mir breit. Auch wenn ich noch so vorurteilsfrei und offen sein möchte, kann ich nichts dagegen tun.
Sie bestellen mehr und mehr Tee. Sie stellen mir immer intimere Fragen. Ich möchte gerne gehen. Jetzt wollen sie Wein. Auch das noch! Auf die neue Freundschaft anstoßen! Dankend lehne ich ab. Ich würde jetzt gerne gehen. Ok. Sie bestellen die Rechnung. Soll ich sie nun einladen? Ich komme gar nicht erst dazu meinen Gedanken zu äußern. Wir teilen die Rechnung durch drei. Und plötzlich verstand ich die ganze Chose. 600 Yuan, das sind ungefähr 120 €, also 40 € für jeden. Ein ordentlicher Preis für zwei Kannen Tee, die jeweils einmal neu mit Wasser aufgegossen wurden, und zwei Tellerchen Knabbereien. Soll ich mich zur Wehr setzen? Den Betrug kenntlich machen? Stillschweigend gebe ich das Geld her. Auch wenn es kurz schmerzt, aber ich habe nur noch einen Gedanken und der lautet möglichst schnell hier raus! Sie zeigen mir nun endlich den Weg, wo ich hingehen muss. Auch das war falsch, wie sich später herausstellen sollte.
Wie dem auch sei. Nach jahrelanger Reiserei, unzähligen Begegnungen, nur wenigen skurrilen Situationen, vielmehr Aufeinandertreffen mit hilfsbereiten, gutherzigen Menschen bin nun auch ich auf einen kleinen Betrug hereingefallen. Erst im Nachhinein habe ich erfahren, dass man sich in Peking vor allem vor den so genannten „tea and coffee scamps“ in Acht nehmen solle. Zu spät. Wieder eine Erfahrung und eine kleine Anekdote mehr.
Im Vergleich zu Sichuan und Shanghai muss ich dennoch leider für Peking festhalten, dass man gerne versucht die Touristen übers Ohr zu hauen. Seien es vollkommen überhöhte Taxipreise, zusätzlich entstehende Kosten bei organisierten
Touren, die natürlich kein Trinkgeld sind, sondern ganz plötzlich aus dem Nichts heraus entstehen, oder der Versuch Falschgeld an den Touri zu bringen. Im Gegensatz zu den anderen Städten ist hier (meiner persönlichen Erfahrung nach) mehr Vorsicht geboten – vor allem wenn man alleine unterwegs ist… Peking ist für mich nicht China. Peking ist für mich ein einziger Touristenkäfig.
Jingshan Park
Blick über die Verbotene Stadt
In der Verbotenen Stadt
Tiananmen-Platz
Platz des Himmlischen Friedens
Seepferdchen am Stil
Seestern am Stil
Skorpion am Stil
Spinnen am Stil
Ganze Enten am Stil
Über Geschmack lässt sich ja bekanntlich streiten….
Die verbotene Frucht – Rauchen auf der Chinesischen Mauer
Über eine Strecke von rund 21.000 Kilometern (nach Angaben des chinesischen Amts für Kulturerbe 2012) –eine Zahl, die man sich erst einmal auf der Zunge zergehen lassen muss– zieht sich die Große Mauer an der chinesischen Grenze zur Mongolei entlang und stellt damit das größte von Menschen jemals errichtete Bauwerk dar. Die Chinesische Mauer zählt seit 2007 zu einem der neuen sieben Weltwunder. Über Jahrhunderte und Dynastien hinweg bauten Menschen daran. Das Mauerwerk diente zunächst der Eroberung von weiterem Territorium im Norden des Landes, später der Abwehr von Eindringlingen und des Schutzes vor Eroberern. Obwohl die Mauer seit 1987 als Weltkulturerbe unter dem Schutz der UNESCO steht, verfallen viele Teile davon und sind nicht begehbar. Lediglich kleinere Abschnitte wurden restauriert und touristentauglich gemacht.
Zum Glück sind wir mit unserer Reisegruppe an einen Abschnitt der Mauer gefahren, der von den Pekingern selbst zum Erholen und Wandern besucht und entsprechend von weniger Touristen heimgesucht wird. Entspannt ließ es sich dort bei 35 Grad, strahlend blauem Himmel mit angenehmen Windböen über ein paar Kilometer und rund 15 Türmen hinweg entlang spazieren und an manchen Stellen gar klettern. Am Ziel angelangt wurde sich –trotz strengem Rauchverbot oder gerade deswegen– mit einer Fluppe belohnt 😉
